Ich schritt die Straße hinab, um zu jener Adresse zu gelangen, zu der sie mich bestellt hatte. Den Wagen hatte ich in weiser Voraussicht einige Meter entfernt, abgestellt. Sie sollte nichts von meiner Ankunft mitbekommen, denn ich wollte die Gelegenheit zu nutzen, mich umzuschauen, bevor ich den Treffpunkt erreichte.
Meine Schritte hallten auf dem Pflaster des Bürgersteigs wider, während alle paar Minuten ein Fahrzeug an mir vorbeifuhr. Der Wind transportierte nicht nur den Geruch der Abgase durch die Häuserzeile dieser Straßen, sondern trug auch den Gestank des in der Nähe befindlichen Klärwerks in meine Nase.
Ich fragte mich, warum sie mich ausgerechnet an diesen garstigen Ort bestellt hatte, hier im heruntergekommensten Viertel der Stadt. Hier vegetierten Menschen vor sich hin, die nichts mehr vom Leben erwarteten, die alle Hoffnung auf Glück und Reichtum verloren hatten. Die meisten von Ihnen hielten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.
An vielen Häusern bröckelte der Putz von den Wänden und Risse zogen sich durch das Mauerwerk. Die Farben der Fassaden waren längst verblasst. Niemand schien sich für den Erhalt der Häuser zu interessieren.
Ich mochte diese Gegend nicht. Irgendwie haftete ihr der Eindruck von Verlorenheit an, der niemals wieder verschwinden würde.
Es erschien mir seltsam, dass Sie sich freiwillig hierher begeben hatte, aber sie musste einen triftigen Grund dafür haben.
Eine dunkle Wolke schob sich vor die Sonne und verstärkte die Düsternis des Bildes, das sich vor mir ausbreitete.
Ich erreichte das Haus und hielt inne. Ein Irrtum? Hier würde ich sie bestimmt nicht antreffen. Nein, ganz bestimmt nicht. Das Gebäude war nicht bloß herunterkommen und dem Zerfall nahe. Es war eine Ruine. Die Fenster mit den eingeworfenen Scheiben wirkten wie schwarze Höhlen, hinter denen Monster in der Finsternis zu lauern schienen.
Entschlossen straffte mich und ging – trotz aller Bedenken — über die Straße. Ich musste mich einfach davon überzeugen, dass sie sich hier tatsächlich nicht aufhielt.
Die schief in den Angeln hängende Gartentür quietschte, als ich sie öffnete; mir kam es vor, als würde dieses Geräusch meilenweit zu hören sein. Langsam ging ich den schmalen Pfad entlang, der zu einer kleinen Treppe führte.
Bevor ich sie erreichte, öffnete sich die Tür wie von Geisterhand. Niemand zu sehen.
Ich erstarrte. Was ging hier vor?
Doch bevor ich reagieren und meine Waffe ziehen konnte, hörte ich das heisere Bellen eines Revolvers. Ich spürte wie mich zwei Schläge in die Brust trafen.
Miststück, schoss es mir noch durch den Kopf, ehe ich zu Boden stürzte …
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Adnreas Gross ist Stammautor bei Sarturia und Herausgeber der STERNENHAMMER Buchreihe. Er hat bereits mit seinen Werken im Genre Science-Fiction viel Aufmerksamkeit erregt und in dieser Sparte auch einen Literaturpreis errungen.
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