Making of – Die bleiche Maske

Daniel Schenkel legt hiermit ein weiteres Meisterwerk aus der makabren Literatur vor, das den hochgelobten Vorgängern in nichts nachsteht. Die von ihm gezeichneten Welten sind geheimnisvoll und düster, und auch dieses Mal nimmt er sowohl seine Leser als auch die geneigten Kritiker mit auf eine unvergleichliche Reise ins Unglaubliche und zuweilen Erschreckende. Kaum einer vermag sich dem Bann zu entziehen, der von seinen Schilderungen ausgeht. Der Roman schlägt den Leser vom ersten Augenblick an in Bann und lässt ihn nicht mehr los, bis die letzte Seite gelesen ist. Wer sich auf den König in Gelb einlässt, begibt sich auf einen Weg, tief hinein in die dunkelsten Abgründe der eigenen Seele. Sind Sie wirklich bereit dafür?

Daniel Schenkel erzählt: Auf die Idee über den König in Gelb zu schreiben, kam ich durch den Autor Joseph S. Pulver Sr., dessen gesamtes Werk mehr oder weniger eng mit dem von Robert W. Chambers 1895 geschriebenen The King in Yellow verknüpft ist.

Sowohl Pulver als auch Chambers faszinierten mich von Anfang an. Der Mythos um den Gelben König ist unheimlich, in seiner Fremdartigkeit überwältigend und wirkt an manchen Stellen herbeibeschworen wie aus einer anderen Welt; ein großartiger Stoff für einen Fantasten wie mich.

Chambers’ Buch las ich mehrere Male, zusammen mit sekundärliterarischen Abhandlungen über den Gelben König, um mich in Tonfall, Atmosphäre und innere Zusammenhänge des Werkes gründlich zu vertiefen, und um den Urheber zu verstehen.

Natürlich ist Der König in Gelb Literatur aus der Zeit des Dekadentismus. Das Werk entstammt einer lang vergangenen Epoche und ist deshalb kaum in einen modernen Roman zu übertragen. Trotzdem lag es mir am Herzen, mich so nahe wie möglich an Chambers zu orientieren, jedoch ohne ihn zu kopieren; Letzteres halte ich übrigens für unmöglich, genauso wie es keinen zweiten H.P. Lovecraft, Franz Kafka oder Edgar Allan Poe geben kann.

So lieh ich mir nur Chambers’ Figuren, Camilla, Cassilda, Mr. Wilde usw. aus und verpflanzte sie – unverfroren wie ich nun einmal bin – in einen völlig neuen, von mir persönlich ersonnenen Kontext, ließ sie aber ihrem Naturell entsprechend agieren.

Streng habe ich natürlich darauf geachtet, so weit wie möglich bei den Original-Charakteren zu bleiben, änderte aber die Namen und, wie schon geschrieben, die komplette Handlungsumgebung. So hat zum Beispiel Mr. Wilde, der Rufmacher, bei Chambers keinen Vornamen, und er lebt in einer Dachgeschosswohnung zusammen mit seiner Katze, die ihn offensichtlich umbringen will. In meinem eigenen Buch heißt der Rufmacher Ambrosius Wild und spinnt seine Intrigen in einem abgelegenen Herrenhaus im Wald, wenn, ja wenn er nicht anderen, noch viel merkwürdigeren Tätigkeiten nachgeht, die Chambers nie erwähnte. Die Katze ist allerdings immer noch bei ihm und traktiert ihn aufs Heftigste.

Die Frauenfiguren Camilla und Cassilda waren im Original von Chambers keineswegs genau definiert worden. Sie tauchten nur in ein paar wenigen Sätzen auf, die dazu noch übers ganze Buch verstreut waren. Bei meinem Werk dagegen avanciert Camilla zur wichtigsten Figur in der Handlung, obwohl sie aus gegebenen Umständen nur einen einzigen Satz spricht und so gut wie nichts tut.

Grundsätzlich ist es sehr schwer, eine Vorlage so weit neu aufzubereiten, dass sie dem eigenen, hochgesteckten Qualitätsstandard entspricht. Immerhin nutzten auch schon andere, talentierte Schriftsteller dieselbe Vorlage; neben Joe Pulver sollte ich diesbezüglich wenigstens noch den inzwischen verstorbenen Karl Edward Wagner nennen.

Wenn ich mich also eines bereits existierenden Themas annehme, so muss ich mich natürlich genau auf die Vorlage konzentrieren, darf aber auch gleichzeitig nicht zur Epigone werden, was mir trotz der zahlreichen, in dieser Form bislang noch nicht dargestellten Konstellationen und Handlungselementen doch irgendwie geglückt zu sein scheint.

Dieselben Schwierigkeiten stellen sich übrigens allen Schriftstellern, die sich einem bereits vorgegebenen Stoff widmen. Man denke nur an die neueren Sherlock Holmes Romane oder an die zahlreichen Geschichten um Conan der Barbar.

Äußerst interessant und beeindruckend empfand ich das Erlebnis, zu sehen wie sehr sich im Moment des Schreibens die Perspektive auf das Geschehen zu ändern vermag. Anfangs war mir selbst nicht bewusst, dass ich da eigentlich eine Art tragischer Liebesgeschichte verfasste. Die bleiche Maske gehört infolgedessen nicht nur ins Genre Weird Fiction, sie gehört genauso gut auch in die Reihe dramatischer Werke zwischenmenschlichen Scheiterns, deren Charaktere in der Folge in Wahnsinn und Tod enden.

Trotzdem könnte der eine oder andere Leser das Endkapitel der Bleichen Maske für ein Happy End halten. Wahrscheinlich aber wird ihm später irgendwann klar werden, dass genau das Gegenteil der Fall zu sein scheint. Man muss dieses Werk einfach gelesen haben.

Die bleiche Maske erscheint Anfang April 2015 im Handel , bei Amazon und im Sarturia Buchshop: www.sarturia.com/buch-Shop

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