Making of – Im Namen des Bösen

Making Of – Im Namen des Bösen, Hrsg. Florian Krenn

Im babylonischen Schöpfungsmythos ‚Enuma Elisch‘ erschafft der Gott Marduk die Menschen aus dem Blut des Kingu, der ein böser Gott, Dämonenführer und Mann von Tiamat war. Demnach sind die Menschen also aus ‚bösem Blut‘ gemacht. Dieses dunkle Erbe und damit die Fähigkeit Böses zu tun, liegt offensichtlich in uns allen.

Wir wiegen uns in trügerischer Sicherheit, die jederzeit zerstört werden kann – denn wer kennt schon die wahren Motive seines Nächsten? Wer kennt seine Gedanken, Gelüste und Pläne? Hat wirklich jeder unserer Mitmenschen rein ‚lautere‘ Pläne? Oder handeln sie vielmehr im Namen ihrer niedersten Triebe, ihrer eigenen Überhöhung über die Mitmenschen, oder gar aus der puren Lust am Bösen?

Natürlich dürfen wir nicht jedem misstrauen und paranoid durch die Welt laufen. Aber im Grunde leben wir vor uns hin, in der mehr oder weniger bewussten Hoffnung, dass niemand die Seifenblase, die wir ‚heile Welt‘ nennen, platzen lässt.

In der Anthologie „Im Namen des Bösen“ erzählen neunzehn Autoren spannende Geschichten von realen Schrecknissen und von Dingen und Taten, die wir selber niemals zu erleben hoffen.

Erfahren Sie, werter Leserinnen und Leser, was die Autoreninnen und Autoren der Anthologie zu ihren Texten inspiriert hat:

Oliver Bruskolini – Freier Wille:
Die Themenvorgabe war es, sich mit dem Bösen auseinanderzusetzen. Ich bin überzeugt, dass Bösartigkeit eine rein menschliche Eigenschaft ist, weshalb ich mich auf eine realistische statt einer fantastischen Geschichte fokussiert habe. Ziel war es, zu reflektieren, was genau das besondere Kennzeichnungsmerkmal von wahrer Boshaftigkeit ist. Das Ergebnis dieser Reflexion liest sich in meiner Geschichte.

Martin J. Christians – Der Sweeper
Der Sweeper wurde aus der Frage geboren: „Was ‚will‘ eine künstliche Intelligenz, wenn sie Bewusstsein und Emotionen entwickelt?“. Ist sie ihrem Schöpfer dankbar oder hält sie ihn für ein ‚störendes‘ Relikt aus der Vergangenheit? Für jemanden gar, der ‚ihre‘ Welt mit unnützen Informationen kontaminiert?

Birgit Constant – Der Werwolf von Machecoul
Als Mediävistin weiß ich, dass das Mittelalter entgegen seinem Ruf nicht immer finster war, sondern auch viele lichte Momente hatte. Trotzdem wurde ich auf meiner Suche nach einer Idee für eine böse Geschichte schnell fündig. Was mich an der Idee besonders faszinierte, war die Tatsache, dass ich durch meine Hauptperson zeigen konnte, dass jedes Ding zwei Seiten hat, dass nicht alles nur gut oder alles schlecht ist, sondern dass ‚die Perspektive‘ den Unterschied macht.

Meine Geschichte soll den Leser anregen, nicht alles blind zu glauben, was er hört, sieht oder liest, sondern mit wachem Verstand zu hinterfragen, ob das ‚so‘ richtig sein kann oder ob jemand ein Interesse daran haben könnte, die Sichtweise und Meinung des Lesers oder Hörers zu seinen Gunsten zu manipulieren. Wie aktuell doch das Mittelalter ist, obwohl uns Hunderte von Jahren davon trennen!

Pia Gaudenzi – Die Recherche des Professors Charles Gabriel
Das Böse, Dunkle und auch der Horror haben mich seit jeher fasziniert. Genauso fand ich schon immer die Bösewichte cooler und ansprechender als die meisten Helden in vielen Büchern und Filmen. Somit war ich natürlich Feuer und Flamme für das Thema der vorliegenden Anthologie.
Im Laufe meines Studiums habe ich einige exzentrische und merkwürdige Professoren erlebt, die mich teilweise genauso faszinierten, wie ‚Gabriel Selma‘ in meiner Geschichte. Somit führte eines zum anderen und ich sah meine Hauptfigur ganz deutlich vor mir. Und bei den meisten Wissenschaftlern geht ja ‚nichts‘ ohne eine gute und ausführliche Recherche.

Elisabeth Gehring – Die Rolle seines Lebens
Nun, wenn ich meine einzelnen Quellen der Inspiration nenne, kann man sich schon frühzeitig ein Bild der gesamten Kurzgeschichte machen. Aber eines kann ich jetzt bereits verraten: Madame Tussauds in London war für mich Grund genug, um diese Kunst herum eine diabolische Geschichte zu erschaffen.
Außerdem gab mir eine uralte Folge eines Serienkrimis einen klitzekleinen Anstoß, wie hinterhältig ein Verbrechen wohl werden könnte. Aus den unzähligen Eindrücken unterschiedlichster Horrorszenarien bildete sich während eines einzigen, ruhigen Nachtdienstes innerhalb weniger Minuten die komplette Geschichte in meinem Kopf. Sie musste dann nur noch niedergeschrieben werden …!

Maria Grzeschista – Bedrohliche Gefahr
In „Bedrohliche Gefahr“ geht es nicht nur um zwei Frauen, die morden, sondern auch um eher untypisches Morden für das weibliche Geschlecht. Ich habe mich viel mit Serienmördern beschäftigt und es gibt deutlich weniger Frauen als Männer in diesem Bereich. Des Weiteren sind Frauen oft Giftmischerinnen, was nicht nur bequem und einfach ist, sondern auch besonders feige und hinterhältig.
Es ist geradezu höhnisch: Das Opfer ist in dem Glauben, dass jemand um sein leibliches Wohl besorgt ist und bekommt etwas zu Essen gekocht und serviert – eine scheinbar liebevolle und fürsorgliche Geste. Oft werden so Mitglieder aus der eigenen Familie umgebracht, was sicher auch bei männlichen Serienmördern nicht auszuschließen ist, in der eigenen Familie zu töten. Aber Frauen tun das viel häufiger und manchmal ausschließlich. Das ist sehr verstörend.
Ich habe mich für eine blutigere Variante entschieden und wollte schon lange eine Geschichte schreiben, in der sich zwei Killer begegnen, aber nicht ahnen, dass sie im Grunde Kollegen sind. Daraus kann man ein grandioses und spannendes Katz-und-Maus-Spiel machen und ohne übertreiben zu wollen, würde ich behaupten, dass das Ende der Geschichte doch sehr unerwartet ausfällt.
Zum Titel noch eine Anmerkung: Ich hoffe stark, dass es den Lesern von alleine auffällt, wieso ich die Geschichte ausgerechnet so genannt habe. Falls nicht: Man nehme die Initialen der beiden Vornamen der zwei Frauen und überlege sich einen Titel aus zwei Worten. B wie Beatrice und G wie Grace – also B und G … Daher stammt also der Name für die Story „Bedrohliche Gefahr“.

Robert Klotz – Sandmann
Serienmörder, und vor allem die Gründe, warum sie so handeln, haben mich schon immer interessiert. Manche morden aus innerem Zwang heraus, andere aus Geldgier, und einige von ihnen wollen einfach nur berühmt werden.
Sich in so einen Menschen hineinzuversetzen, war eine interessante Aufgabe. Und das war dann auch der Hintergedanke meiner Geschichte.

Florian Krenn – Cookie
Das Gebilde unserer heilen Welt steht auf wackligen Beinen. Wir wiegen uns in der trügerischen Sicherheit unseres Rechtsstaates, unserer Zivilisation. Aber was ist mit denen, die sich nicht an die Regeln halten? Was, wenn die Schatten vor dem Haus ein dunkles Geheimnis bergen?
In meiner Story ‚Cookie‘ ging es mir um Idylle, Freude und Glück, und die anschließende Dekonstruktion dieses fragilen Bauwerks.
www.floriankrenn.at

Andreas Krohberger – Gespeicherte Leben
Wieso ist ein Mensch im einen Moment noch lebendig und im anderen tot? Was flieht aus seinem Körper im Augenblick des Sterbens? Ist es wirklich die Seele des Menschen? ‚Aus was‘ besteht eigentlich die Lebensenergie? Gibt es uns als Individuum auch noch ‚nach‘ dem Tod? Oder kann man vielleicht sogar den Tod rückgängig machen?
Alle Religionen sind wohl in mühsamer Suche nach den Antworten auf diese Fragen entstanden. Ganze Denkschulen beschäftigen sich damit.
Mich persönlich interessierte, welche Antworten ein intelligenter, physikalisch interessierter und doch zur Empathie unfähiger Junge darauf finden mag, wenn er durch den Tod beider Elternteile psychisch aus der Bahn geworfen wird.
Wie man sieht, ist es eine ‚unerwartete‘ Antwort.

Christopher Müller – Bibliomanie
Ein guter Freund saß bei einem Glas guten Whisky mit mir zusammen, und wir unterhielten uns über die verschiedenen, verbliebenen Buchantiquariate in Hannover, da wir beide Buchliebhaber sind. Nun hörte ich zum ersten Mal von einem Laden, der wohl angeblich Azathoth geheißen haben soll, und der ganz offensichtlich nicht mehr existierte.

Meine Neugier war geweckt. Ein Antiquariat, das nach einer alten Gottheit des Cthulhu-Mythos benannt sein sollte, hielt ich für eine kleine Sensation. Und als ich anfing, meine Kurzgeschichte zu schreiben, war mir sofort klar, dieses obskure Geschäft mit in die Handlung einzubauen.

Wenn man in Hannover das Neue Rathaus besichtigt, von dessen Turm aus man einen fabelhaften Ausblick über die Stadt hat, kann man weiter unten vier Modelle von Hannover bewundern, welche die Stadt in vier verschiedenen Epochen darstellen. Unter anderem auch direkt nach dem zweiten Weltkrieg – und völlig zerstört.

Ich war auf der Stelle der Meinung, dass dieses Trümmerfeld den idealen Handlungsort für meine Geschichte darstellte. Es sollte sich nicht nur um Skrupellosigkeit drehen, sondern auch und das Böse an sich. Und egal wie gehässig ein Mensch auch werden konnte, es würde immer jemanden geben, der ihn in seiner Verkommenheit noch übertraf.

Robert Scheel – Unbenannt 1
Das sogenannte Böse erscheint oft trivial und ist manchmal zwischen den Zeilen in den Kleinigkeiten des Lebens zu finden. Wirklich Schreckliches geschieht direkt vor unseren Augen – und bleibt oft unbemerkt, ja wirkt sogar alltäglich.

Elisabeth Schreck – Nur eine Stunde
Nach einem schönen Urlaub an einem besonderen Ort verpacke ich ganz gerne die gesammelten Eindrücke in einer Kurzgeschichte. So war es auch in diesem Fall: „Nur eine Stunde“ entstand nach einem Familienurlaub in Amsterdam.

Thomas Sillmann – Verdacht
Die Figur von Lukas, dem Jungen aus der vorliegenden Kurzgeschichte, ist nicht neu. Er war Teil meiner allerersten Kurzgeschichte, die ich rund um die fiktive Stadt Aschberg angesiedelt hatte.

Schon damals machte ich mir persönlich so einiges über diesen Jungen zu Eigen und spürte, dass es noch deutlich mehr über diese Figur zu ergründen geben müsste. Mir war klar, dass ich Lukas früher oder später wieder in einer Geschichte zu Papier bringen würde, und genau das ist nun geschehen.

Zwar gibt es einen deutlichen Zeitsprung zwischen den einzelnen Geschichten, und dennoch gibt es gleichzeitig einige am Rande erwähnte Stränge, die beide Storys zusammenhalten.

In jedem Fall aber zeigt „Verdacht“, wie sich die Entwicklung des Jungen hin zum Schlimmen fortsetzt. Er ist gleichermaßen Opfer wie Täter und er wird gefährlicher. So gesehen kann ich es ehrlich gesagt kaum erwarten, Lukas, dem Jungen in Zukunft erneut in einer meiner Geschichten zu begegnen und zu erfahren, wie es mit ihm weitergeht.

Jeder von den Autorinnen und Autoren stellt sich das Böse und seine Manifestation anders vor, und dennoch bildet jeder Text ganz realistische Schrecken ab.
Begleiten Sie unsere Autorinnen und Autoren zusammen mit den Protagonisten ihrer Erzählungen – ob Täter oder Opfer – dorthin, wo das Licht der Hoffnung schlussendlich ganz und gar erlischt.
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